Tätigkeiten des Filmvorführers

Aus Universum Filmtheater

Viele haben mich immer gefragt, ob ich als Filmvorführer den ganzen Tag Filme anschauen würde. Darauf habe ich dann geantwortet, dass ich dazu während meiner Arbeit meist gar nicht komme. Zumindest früher bis 1992 als alle Filme im Universum Filmtheater auf Endlostellern liefen, hatte wir als Filmvorführer außerhalb des Programmwechsels tatsächlich mehr Zeit, uns mit der Reparatur und Wartung der Projektionstechnik, mit Elektrotechnik und mit Fotografie zu beschäftigen. Ich habe zu meiner Ausbildungszeit und später für meine Fachhochschulprüfungen im Vorführraum des Universum Filmtheaters viele Stunden Mathematik und Elektrotechnik geübt. Aber ich habe mir natürlich auch Filme angeschaut, aber eben nicht jeden Tag und nicht alle Filme, die ich vorgeführt habe.

Alltägliche Arbeiten

Hauptschütze

Schaltraum im Universum Filmtheater

Jeder Tag beginnt damit, dass alle Hauptschütze im Schaltraum eingeschaltet werden. Hauptschütze sind Hauptschalter, die die gesamte Stromversorgung der gesamten Projektionstechnik ein- und ausschalten können. In einem Notfall kann man durch einen Notausknopf im und vor dem Vorführraum auch die komplette Stromversorgung ausschalten. Das ist einerseits praktisch, da man nicht jedes einzelne Gerät ausschalten muss. Früher beim Vorführen von Nitrofilm war es notwendig, bei einem in Brand geratenen Film sofort den Vorführraum zu verlassen, die Feuerschutztüren zu schließen und den Notausschalter vor dem Vorführraum zu betätigen, damit alles stromlos ist. Sobald der Strom des Vorführraums ausgeschaltet wird, fallen die Feuerschutzklappen der Projektionsfenster herunter, damit im Saal der Brand nicht zu erkennen ist, und somit die Zuschauer nicht unnötig beunruhigt sind.

Notstrombeleuchtung

Notbeleuchtung mit Akkus

Wenn sich Zuschauer im Saal befinden, muss die Notbeleuchtung eingeschaltet sein. Das ist wichtig, damit im Falle eines Stromausfalls die Zuschauer sicher den Weg zu den Notausgängen (heute sagt man dazu nur noch "Seitenausgänge") oder zu den Foyers finden. Es gibt daneben noch eine Panikleuchte (die man heute eher "Putzleuchte" nennen würde), damit der Saal ein bisschen mehr Licht hat. Es ist zwar immer noch schummrig, aber man sieht etwas mehr.

Die Notbeleuchtung wird im Betrieb durch die normale Stromversorgung gespeist, aber im Falle eines Stromausfalls aus Akkus versorgt. Dieses Akkus werden im laufenden Betrieb permanent geladen, um im Falle eines Ausfalls immer genügend Kapazität zu haben.

Die Notbeleuchtung wird von einer zentralen Stelle im Kino mit Strom versorgt. Wenn der Filmvorführer diese einschaltet, kann man an den Messgeräte kontrollieren, ob die Spannung und Stromstärken die zu erwartenden sind, um sicher zu gehen, dass die Stromversorgung durch die Akkus im Notfall gewährleistet wird. Durch einen Test-Taster kann der Filmvorführer, die Akkus von der Stromversorgung kurzzeitig trennen, um zu sehen, ob die Akkus alleine in der Lage sind, die notwendige Spannung und Leistung zu erbringen. Wenn die Spannung zu sehr einbricht, dann müssen eventuell die Akkus ausgetauscht werden oder bei den alten Bleiakkus destilliertes Wasser nachgefüllt werden.

Begehung der Säle

Nachdem die Notbeleuchtung eingeschaltet ist, geht der Filmvorführer durch die Foyers, durch die Säle und zu den Notausgängen, um zu prüfen, ob alle Notbeleuchtungslampen brennen. Es ist bei schätzungsweise 100 Notbeleuchtungslämpchen, die allesamt noch Glühlämpchen waren, immer wieder irgendeine zu finden gewesen, die ausgetauscht werden musste. Es kam aber auch vor, dass die Lämpchen raus gedreht waren - gerade im Star Kino -, da dort in einer Sitzreihe sich Zuschauer vermutlich durch die Notbeleuchtung der Sitzreihen geblendet gefühlt haben. An den Sitzreihen befanden sich die Sitzreihennummer, die beleuchtet waren, damit die Zuschauer auch im Dunklen ihre Reihe wieder finden konnten. Gleichzeitig dienten diese Sitzreihenbeleuchtung im Falle eines Stromausfalls als Notbeleuchtung.

Dann hat der Filmvorführer die Saal- und Bühnenbeleuchtung hochgefahren, um zu schauen, ob dort auch Lampen ausgetauscht werden müssen. Wir haben versucht, immer alle Leuchten, die defekt waren, direkt auszutauschen, da es nicht schön wirkt, wenn einzelne Lampen nicht leuchten. Bei der Bühnenbeleuchtung war das Wechseln deutlich schwieriger. Im Universum Filmtheater wurde der Hauptvorhang von oben durch etwa 10 Scheinwerfer in etwa 8 Metern Höhe angestrahlt. Das ging nur mit einer sehr langen Leiter und wer weiß, wie es sich auf einer vier Meter hohen Leiter anfühlt, der weiß, dass 8 Meter ganz schön Respekt einflößend sind. :) Diese Lampen wurden nur von dem Elektriker gewechselt.

Vorlauf der Projektoren

Bei Filmen unter einer Altersfreigabe von FSK 18 durften in Vorführungen vor 18 Uhr keine Zigarettenwerbefilme gezeigt werden. Alkohol-Werbefilme aber schon. Komisch, aber so war es damals. Diese Werbefilme wurden im Werbeblock daher ganz an den Anfang gesetzt. Meist waren es drei Zigarettenwerbefilme. Da es aber eine Regel gab, das zwei Werbefilme der gleichen Art oder Branche nicht direkt hintereinander gezeigt werden sollten, wurden diese Zigarettenfilme durch kleine lustige Trennfilme getrennt.

Bei den Endlostellern waren die Filme ja bereits im Projektor eingelegt und wurden in der gesamten Spielwoche nicht ausgefädelt. Damit aber nachts die Samtstreifen in der Bildbahn des Projektors sich wieder ein bisschen aufrichten konnte, haben wir dann abends immer den Projektorkopf offen stehen lassen. Somit musste der Filmvorführer diese zu erst schließen und startete dann den Projektor, um die Zigarettenfilme vorlaufen zu lassen. Damit der Filmvorführer weiß, wann dieser Block vorüber ist und er den Projektor wieder rechtzeitig anhalten muss, haben wir eine kleine Markierung beidseitig auf den Film geklebt. Der Filmvorführer muss den Projektor rechtzeitig stoppen, noch bevor das erste Bild des ersten Werbefilms durch den Projektor läuft. Denn der Filmprojektor benötigt eine Anlaufzeit von mindestens zwei Sekunden und bis sich die Ausgleichsrollen des Tonteils beruhigt haben und somit die Schwungmasse des Tonteils in Laufgeschwindigkeit des Film ist, dann wird erst das Bild auf die Leinwand geworfen, in dem die Bildklappe / der Protektor sich öffnet. Dafür vergehen insgesamt etwa 4 bis 5 Sekunden, was einer Filmlänge von etwa 2 bis 2,5 Metern entspricht. Somit versucht der Filmvorführen bei dem Vorlauf den Projektor so anzuhalten, dass der Schwarzfilm, welcher immer zwischen den Werbefilmen vorhanden war, des nächsten Werbefilms etwa 2m vor dem Bildfenster zum Stehen kommt.

So ein Vorlauf hat dann etwa 5 Minuten gedauert und meist habe ich die Zigarettenwerbung auch auf die Leiwand projiziert und mir im Saal angeschaut, da einige Zigarettenwerbefilme - auch für mich als Nichtraucher - sehr ansprechend gemacht wurden. Damit habe ich dann gleichzeitig Bild und Ton kontrollieren können.

Filme tauschen und einlegen

Die Kinobetreibern wollten in den 90er Jahren die Filme zwischen den Sälen flexibler hin- und her tauschen, um Filme, die vormittags gut besucht waren, vormittags in den großen Sälen zeigen und Abends dann die Filme in die großen Säle tauschen, die Abends besser besucht waren. Das war für die Zuschauer und die Kinoeinnahmen gut, aber die Filmvorführer mussten damit alle Filmkopien mehrmals täglich von einem Vorführraum zum anderen schleppen. Eine Filmkopie kann 20 bis 30 Kilogramm wiegen. In Zeiten der Endlosteller wurde der Film einmal Donnerstags zum Programmwechsel fertig vorbereitet und lief dann eine ganze Woche ohne Filmwechsel.

Der Filmvorführer hatte einen Plan, wann welcher Film in welchem Saal gezeigt werden muss. Demnach trug er die Filmkopie zu dem entsprechenden Vorführraum und legte ihn auf einen freien Filmteller. Dann musste der Film auf der Telleranlage und im Projektor eingelegt werden und vor 18 Uhr wie üblich die Zigarettenwerbung vorlaufen gelassen werden.

Samstags um 11 Uhr Kinderkino

Ich habe meistens Samstags im Kino als Filmvorführer gearbeitet und somit fast jeden Samstag um 11 Uhr das Kinderkino vorgeführt. Dafür musste ich vor der Vorführung erst einmal den Kinderfilm, der aus mehreren Filmakten besteht, zusammenkleben und auf einem Filmteller vorbereiten. Den normalen Hauptfilm, der noch auf dem Endlosteller lag, muss ich dann aus dem Projektor ausfädeln und den Kinderfilm einfädeln.

Vor den Kinderfilm habe ich oft den kleinen Disney-Klassiker Das hässliche Entlein, ein Cartoon in Farbe von 1939, gesetzt, den ich so rührend fand, dass ich mir immer gesagt habe, dass, sollte ich einmal selbst Kinder haben, ich denen diesen Film zeigen werde. Und dieses "Versprechen" habe ich gehalten. :)

Ab und zu kam eine Gruppe von Eltern mit ihren Kindern in den Vorführraum, um diesen zu besichtigen. Es gab dann Äußerungen zum Projektor wie: "Das ist aber eine große Kamera!". :)

Nach der Vorführung des Kinderfilms habe ich gesamten Film wieder getrennt und versandfertig gemacht, damit es von der Spedition zum nächsten Kino transportiert werden konnte.

Einlassmusik

Bis schätzungsweise 1992 kam die Einlassmusik von einem Kasettenrecorder. Die Kasetten mussten somit zurück auf Anfang gespult oder gedreht werden. Der Kasettenrecorder wurde dann gestartet und dann von der Automatik stromlos geschaltet. Ein Mitarbeiter, der im Einlass eingeteilt war, ist dann vor dem Einlass der Zuschauer zu allen Sälen gelaufen und hat dort mit einem Schlüsselschalter der Automatik einen Impuls gegeben und diese hat dann den Kasettenrecorder gestartet.

An Feiertagen wie Karfreitag oder Allerheiligen durfte in der Öffentlichkeit keine Musik gespielt werden, was bedeutete, dass an diesen Tagen auch keine Einlassmusik gespielt werden durfte.

Start der Vorführungen

Da die Filmvorführer bereits alles gut vorbereitet haben, starten die Mitarbeiter des Einlasses zu den entsprechenden Spielzeiten die Projektoren selbstständig über die Saalsteuerung mit einem Schlüsselschalter. Über die Saalsteuerung können die Mitarbeiter auch die Schärfe des Bildes und die Lautstärke des Tons regeln.

Da ich mich meist im Vorführraum des Universum Filmtheaters während der Vorführungen aufhielt, habe ich beim Start der Werbung und des Hauptfilm immer einen Blick durch das Projektionsfenster geworfen und Bild und Ton kontrolliert.

Am Ende eines Tages

Sind alle Filmvorführungen beendet, so reinigt der Filmvorführer noch einmal die Bildbahn mit einem Pinsel und einem Tuch und lasst den Projektorkopf offen stehen. Danach betätigt der Filmvorführer den Hauptschütz bzw. Hauptschalter und schaltet damit die gesamte Projektionstechnik ab.

Dann geht der Filmvorführer alle Sitzreihen entlang und schaut in alle Notausgänge und Toilettenräume, ob sich dort noch Zuschauer befinden. Denn es konnte immer mal sein, dass jemand eingeschlafen ist oder einfach mal es spannend fand, die Nacht in einem Kino zu verbringen.

Ich habe im Saal des Universum Filmtheaters dann auch immer links von der Bühne in den Bühnenaufgang geschaut und bin mit der Hand am Vorhang entlang gestriffen, um zu merken, wenn sich jemand hinter den Vorhang gestellt hat. Das ist aber nie vorgekommen. Was aber tatsächlich einmal passiert ist, ist, dass ein Zuschauer wohl eingeschlafen war und der Vorführerkollege wohl nicht mehr im Saal nachgeschaut hatte. Als dann der Zuschauer wach geworden ist und er wohl seine Hand nicht mehr vor Augen sehen konnte, weil ja auch die Notbeleuchtung bereits ausgeschaltet war, so tastete er sich bis zur Notausgangstüre konnte diese aber im Dunklen nicht öffnen. Und das lag daran, dass damals diese Notausgangstüren einen Öffner hatte, den man von unten nach oben heben musste. Das ist heute gar nicht mehr erlaubt. Der Zuschauer konnte somit also das Kino nicht verlassen und verbliebt dort, bis frühmorgens die Putz-Mannschaft kam und das Licht einschaltete. Ich denke, dieser Zuschauer wird dieses Erlebnis niemals vergessen haben. :)